Die Geschichte des Piaristengymnasiums

Blick auf das Schulgebäude

BG VIII: privat oder öffentlich?
Das BG VIII ist ein öffentliches, staatliches Gymnasium, dessen Besuch (bislang) gratis, doch durchaus nicht umsonst ist. Es wurde durch ein Dekret Kaiser Leopolds I. 1697 gegründet und am 16. November 1701 eröffnet. Geführt wurde es vom Piaristenorden, dessen vornehmste Aufgabe, im Sinn seines Gründers Jose de Calasanza, die geistige Förderung armer Knaben war. Das drückt sich auch im Motto unserer Schule „Pietati et litteris“, zu Deutsch: „für die Frömmigkeit und die Wissenschaft (gegründet)“ aus, das über dem barocken Eingangsportal unserer Schule, eingerahmt von zwei Engeln, zu lesen ist. Die Piaristen führten die Schule - ausschließlich für Knaben - bis 1870. Damals übergaben sie es dem Staat, weil sie die Kosten für seine Erhaltung nicht mehr aufbringen konnten. Denn in der sog. „liberalen Ära“, von etwa 1866 bis 1879, waren die Ansprüche an die Schulen ganz allgemein gestiegen: die wissenschaftlichen und technischen Fortschritte, die auch einen wirtschaftlichen Boom zur Folge hatten, brauchten sehr viele Fachkräfte und Akademiker. Das wirkte natürlich auf die Gymnasien zurück, deren Fächerkanon verbreitert wurde. So wurde es notwendig mehr Lehrer einzustellen, die auch eine Lehramtsprüfung vorweisen mussten, was aber noch nicht bei allen Ordensgeistlichen der Fall war. Außerdem sollte die Schule mit modernem wissenschaftlichem Lehrmaterial ausgestattet werden. Das alles ging zu Lasten des Ordens und verschlang mehr Geld, als die Piaristen, die wegen der vielen armen Schüler nur wenig an Schulgeld einnahmen, aufbringen konnten. Als auf Grund einiger Vorkommnisse der Staat direkte Kontrolle auf unsere Schule ausüben wollte, wurde das Gymnasium im Einvernehmen mit dem Orden 1870 zu einem „Staatsgymnasium“, für dessen Erhaltung jetzt Österreich-Ungarn aufkommen musste. Immer weniger Ordensleute wirkten als Lehrkräfte in unserer Schule, heute sind überhaupt keine Geistlichen hier beschäftigt.

Das Löwenburgische Konvikt:
Im Jahre 1731 vererbte der kinderlose Graf Löwenburg sein Vermögen dem Piaristenorden mit der Auflage, ein Internat für adelige Söhne aus Ungarn und Österreich zu führen. Für die Konviktszöglinge und ihre Diener wurde ein eigener Gebäudetrakt, symmetrisch zum schon vorhandenen des Piaristenkollegs errichtet, der heutige Nordtrakt, wo jetzt das Gymnasium untergebracht ist. Es durften auch Knaben aus bürgerlichen Familien das Internat besuchen; die meisten Schüler mussten dafür bezahlen, es gab allerdings auch einige „Stiftlinge“, Schüler, die eine Art Stipendium aus der Stiftung des Grafen hatten. Die Internatszöglinge besuchten in der Regel das Piaristengymnasium, wie z.B. W. A. Mozarts Sohn Karl, der noch von seinem Vater im Löwenburgischen Konvikt angemeldet wurde, aber erst nach dessen Tod für ein knappes Jahr das Internat und unser Gymnasium (Schuljahr1798/99) besuchte. Das Konvikt war eine wesentliche Einnahmequelle des Ordens und musste entsprechend gut ausgestattet sein. Seit 1860 gab es im Ledererhof sogar ein eigenes Schwimmbad. Nach Schließung des Konvikts stand es den Schülern des Gymnasiums zur Verfügung und erst vor dem 2. Weltkrieg, anlässlich eines tödlichen Badeunfalls, wurde das Becken zugeschüttet. Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Zahl der Konviktszöglinge drastisch abnahm, mietete der Staat leer gewordene Räumlichkeiten, wie z.B. den Turnsaal, für das Gymnasium an, das damit seinen steigenden Platzbedarf stillen konnte.

b) Die Privatisten
In den Katalogen werden regelmäßig, auch noch nach dem 2. Weltkrieg die „Privatisten“ geführt, das waren Sängerknaben, die an unserer Anstalt extern Prüfungen machten. Viele Musiker, wie z.B. Prof. Kurt Equiluz, besuchten unsere Schule als Privatisten.

c) Weibliches am Gymnasium
Die Schule wurde für arme Knaben gegründet und auch nach der Übernahme des Gymnasiums durch den Staat blieb es ein Bubengymnasium. Erst während des ersten Weltkrieges kam weiblicher Zuzug: Infolge der kriegerischen Ereignisse im Osten der Monarchie mussten Teile Galiziens und der Bukowina evakuiert werden und so wurden auch Schulen nach Wien verpflanzt. So gibt es ab 1915 am Nachmittag in unserer Schule und im Rahmen unseres Gymnasiums Unterricht für Schüler und Schülerinnen aus der Bukowina und Galizien, die vorwiegend mosaischer Konfession waren. Vor dem zweiten Weltkrieg besuchten wieder nur Buben diese Schule. Während des zweiten Weltkriegs kamen erstmals weibliche Lehrkräfte zu uns, weil sehr viele Professoren entweder entlassen oder eingerückt waren. Aber erst ab 1948 nahmen wir wieder Schülerinnen auf.

d) Unsere Schule während der Nazizeit:
Durch einen Erlass des Reichministeriums für Innere und kulturelle Angelegenheiten wurde ab 1938 unsere Schule nicht mehr als Gymnasium, sondern als „Oberschule für Jungen“ geführt. Das entsprach in etwa unserem neusprachlichen Gymnasium. Griechisch wurde nur noch in den Klassen unterrichtet, die schon damit angefangen hatten.

Statt des früheren Direktors stand der Schule jetzt ein sogenannter Kommissarischen Leiter vor. Der ehemalige Direktor, Dr. Tschulik, ein überzeugter österreichischer Patriot und als Mitglied der Vaterländischen Front für das neue Regime untragbar, musste in Pension gehen. An seiner Statt übernahm die Amtsgeschäfte Dr. Leherbauer, ein fanatischer Nationalsozialist, der versuchte die Schule in nationalsozialistischem Geist zu führen. Am 28. April 1938 mussten alle jüdischen Schüler, 42 an der Zahl, unsere Schule verlassen, um in ein für Juden reserviertes Sammelgymnasium überzuwechseln. Aber auch dort, im G II, Zirkusgasse, durften sie nicht lange bleiben. Entsprechend der Reichsgesetze wurde Juden der Besuch eines Gymnasiums ab 1939 verwehrt. Schüler mit einem jüdischen Elternteil, sog. „Mischlinge 1. Grades", durften bis 1942 ein Gymnasium besuchen, sog. „Mischlinge 2. Grades", mit einem jüdischen Großelternteil, durften auch bis zu Ende des Dritten Reichs maturieren.

Am 11. März 1944 wurde unsere Schule geschlossen und die Schüler wurden auf andere Gymnasien, v.a. auf das G VII, Kandlgasse, und das G XIX, Alfred Wegenergasse, aufgeteilt. Der Grund dafür war vermutlich, dass an unserer Anstalt nur noch wenige Schüler waren, da ja laufend Oberstufenschüler in irgendeiner Form zum Heer, als Luftwaffenhelfer, oder zum Reichsarbeitsdienst eingezogen wurden. Diese Schüler mussten an ihrem Einsatzort eigens dafür eingerichtete Schulen besuchen. Ein Teil der Schüler nahm auch an der Kinderlandverschickung teil. Da allgemein Not und auch Arbeitskräfte- und v. a Lehrermangel herrschte, legten die Behörden Gymnasien zusammen. Bombenschäden gab es an unserem Gymnasium keine im Unterschied zum Südtrakt des Gebäudekomplexes, der von einer Brandbombe getroffen wurde. Im Herbst 1945 wurde unsere Schule unter dem ehemaligen Direktor Dr. Tschulik wieder eröffnet, allerdings nur fünf Klassen. Viele ehemalige Schüler kamen jetzt wieder an unser Gymnasium zurück. Von denen, die eingerückt waren, hatten allerdings etliche während des Krieges eine „Kriegsmatura“ gemacht, d. h. sie bekamen zum offiziellen Maturatermin ein Reifeprüfungszeugnis ausgestellt, das sie zum Studium berechtigte, ohne je die Prüfungen abgelegt zu haben.

e) Konfessionen und Nationalitäten an unserer Schule:
Seit 1850 besuchen auch evangelische und mosaische Schüler unser Gymnasium. In manchen Jahrgängen waren über ein Drittel der Schüler mosaisch, manchmal auch ein Drittel der Schüler evangelisch. Natürlich gab es für die verschiedenen Konfessionen Religionsunterricht. Den israelitischen Religionsunterricht versah zuerst Dr. Moritz Kanitz, danach Dr. Jakob Drobinski, zuletzt bis 1938 Dr. Chaim Tenenhaus. Nach dem Krieg gab es kaum mehr mosaische Schüler und die wenigen besuchten einen Sammelunterricht. Evangelischen Religionsunterricht hingegen gab es sehr wohl während und nach dem Krieg.

Zur Zeit der Monarchie kamen aus allen Kronländern Schüler zu uns, deren Muttersprache oft Polnisch, Tschechisch oder Ungarisch war. Selten hatten wir Schüler aus Übersee an unserer Anstalt.

Diese Tradition der Offenheit fortsetzend, zählen wir auch heute wieder Angehörige der verschiedensten Konfessionen und Nationalitäten zu unseren SchülerInnen.